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Gespräch

mit Patric Gräfen, Vincent Grabocoski, Christian Guntermann und Lukas vanden Berge

dpr: Was die Klangqualität angeht, sagen wir mal Volumen, Höhen und Tiefen, ist es mit einem digitalen Medium, noch dazu wenn Komprimierungsverfahren im „Spiel“ sind, schwierig das Hörerlebnis einer Schallplatte zu erreichen. Deswegen sind wir nach wie vor begeisterte Anhänger der schwarzen Scheibe oder je nachdem  bunten Scheibe. Nun die Frage: Ihr als junge Leute, wie seid ihr dazu gekommen, Vinyl ist in der DJ-Umgebung immer noch angesagtes Medium und ihr habt euch wohl auch spezialisiert auf Dancefloor, Soul, Funk, Techno, und alles was ein bisschen in die Richtung geht, seid ihr hier wie die Mutter zum Kind oder ganz geplant dazu gekommen oder auf den Trend aufgesprungen?

Patric: Also bei uns ist eigentlich der Hintergrund, das wir alle schon ziemlich lange, nicht unbedingt mit der Schallplatte auflegen, aber wir machen alle schon was länger Musik und sind jetzt seit drei bis vier Jahren dann nur noch mit der Schallplatte unterwegs, und dann kam er irgendwann mit der Idee, er würde gerne ein Label gründen oder auch einen Plattenladen dann kam es irgendwie auch relativ flott dazu – deine Gedanken dazu musst du vielleicht mal erzählen.

Christian: Wir hatten uns irgendwann einfach Gedanken gemacht, was man machen kann, wie man sich sinnvoll einbringen kann und was vor allen Dingen Sinn macht und dann haben wir festgestellt, dass es hier in Köln und um Köln herum eigentlich keinen Plattenladen gibt, der sich  fokussiert auf elektronische Musik spezialisiert und das auch anbietet und ich habe die Jungs mit dem Gedanken konfrontiert und die dachten zuerst -  klappt eh nicht - , aber dann haben wir es doch durchgezogen

Vincent:  Das ist auch ziemlich genau ein Jahr her als wir mit dem Umbau angefangen haben

Christian: Wir haben die Lokalität ausgesucht, die hat mir ein Freund genannt, ich hab sie gesehen und hab mir gedacht, die Lage ist optimal, vom Mietpreis geht es auch, gucken wir uns mal an, dann haben wir den Mietvertrag unterschrieben und es ging schon direkt am gleichen Tag los. Wir haben die Wände eingerissen, Decke abgerissen, alles neu saniert. Hat der Vincent entworfen am Rechner

Lukas:  Wir haben direkt am selben Tag 15 Leute zusammengetrommelt, und innerhalb eines Tages wirklich alles herausgerissen, abgehangene Decken runter, der Boden musste raus, alles von den Wänden runter, also es war kompletter Rohbauzustand dann wieder hier. Dann haben wir angefangen zu arbeiten, währenddessen die Idee entwickelt, dann wieder weiter gemacht und im Endeffekt hat das Eine zum Andern gepasst und ist schön stimmig geworden.  Es ist nicht so ein zusammengewürfeltes Ding sondern hat sich aufeinander aufgebaut und es passt alles zueinander und was dabei rumgekommen ist hat Stil.

Patric: Manchmal mussten wir auch sagen -  das wäre richtig geil - aber die Kohle war einfach nicht da. Wir haben uns gefragt – was können wir machen, dies und jenes ist eigentlich billig und passt auch voll gut zu dem was wir uns vorher vorgestellt haben oder was wir bisher gemacht haben. Es war zu Beginn kein Konzept, aber wir haben am Ende von einigen gehört: ein 1A durchgezogenes Konzept. Es war aber mehr oder weniger Zufall.

Vincent: Wir haben auch viel diskutiert

Lukas: Und auch alles in dem Rahmen, wo es selber machbar ist.

dpr: Wo man es finanziell überschauen kann

Lukas: Außer dem Boden der verlegt wurde, haben wir alles selber gemacht. Das haben wir dann schon zu fünft gerockt hier. Drei Monate haben wir hier im Staub drin gehangen, drei Wochen lang nur gespachtelt wie die Blöden. Scheiße da fällt es wieder raus, wieder drüber gespachtelt, aber es hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Es war eine sehr intensive Erfahrung, auch mal so Punkte, wo sich Aggressionen entladen haben und mal rumgeschrien wurde. Danach ist aber wieder jeder damit klar gekommen und für eine Stunde haben alle den Mund gehalten, jeder für sich gearbeitet und auf einmal waren wir wieder alle in einem Fluss und man konnte weiter zusammen arbeiten. Das hat uns schon während des Aufbaus  gezeigt, dass es in Zukunft sollte es eigentlich genauso laufen sollte.

Vincent: Wir haben uns kennengelernt, nicht nur um gemeinsam Spaß zu haben und abzuhängen, sondern einfach mal ein Ziel vor Augen zu haben und dieses gemeinsam zu erreichen, das hat uns schon viel gebracht und so haben wir uns auf einer anderen Ebene kennengelernt.

dpr: Das ist eine wichtige Erfahrung, so sind wir mit unserem Portal auch vor Jahrzehnten gestartet. Genau aus dieser Jugendlichen Phantasie raus und mit Enthusiasmus gesagt - wir machen ein Presseportal, wir machen eine Jugendzeitschrift und was weiß ich nicht alles - Das hat sich alles mit Unterbrechungen irgendwo bis heute gehalten und die Menschen sind immer noch dieselben wie vor Jahrzehnten. Deshalb glauben wir, habt ihr gute Chancen.

Patric: Ja, hoffentlich

dpr: Und wenn man an einem Strang zieht, ist das gut und man spürt es auch, egal ob das eine Wohnung ist oder ein Ladenlokal, man kommt irgendwo rein, fühlt sich wohl oder nicht. Es gibt  atmosphärische Schwingungen, wo man sagt, da kann ich nicht länger als zehn Minuten bleiben, das ist unangenehm. Aber wenn man hier das erste Mal reinkommt ist es okay, es kommt eine positive Schwingung rüber. Wie habt ihr denn zusammengefunden? Habt ihr noch andere Jobs oder könnt ihr teilweise davon leben oder macht ihr Musik?

Patric: Also eigentlich zu allem ja =) Wir arbeiten nebenbei wir machen alle noch Musik nebenbei, Uni teilweise noch nebenbei. Wobei die meiste Energie in die Uni oder sonst was fließen muss. Wo wir momentan ein bisschen gespalten sind und sagen, dass wir unseren Teil dazu beitragen müssen. Das haben wir von vornherein so ausgemacht und das ziehen wir nun auch so durch. Andererseits ist alles andere wovon leben muss und sich seinen Job auch noch irgendwie halten muss, selbst wenn es nur für den Lebenslauf ist, und da drin steht noch was Weiteres getan zu haben. Ausbildung gemacht, Plattenladen aufgemacht usw. und manchmal rumgehangen, weil das Problem ist, wenn man hier Veranstaltungen macht, hat man mal die Bude richtig voll und es ist cool mit den vielen Leuten, aber es gibt eben Zeiten, weil es halt eine Nische ist, wo wenig los ist. Da muss man dann schauen, dass man den Mut behält und sagt  - hey , es gibt umso bessere Tage, wo es dann wieder richtig Spaß macht, wo man so viele Leute um sich rum hat -. Das war ja auch so ein Ding, wo wir gesagt haben, dass es eigentlich wichtig ist, eine Plattform zu schaffen und junge Leute wieder an einen Tisch zu kriegen. Wir haben hier mittlerweile einen Bekanntenkreis entwickelt von ganz jungen Leuten auch hier aus Köln, die ähnlich denken musikalisch wie wir. Du läufst durch die Stadt und wirst gegrüßt und ich denke - woher kenn ich den noch, bestimmt aus dem Laden. Es ist wichtig die Balance zu finden, dieses lockere, wir sind ein Plattenladen, wir sind jung, wir gehen auch noch feiern, wir haben schon noch unsern Spaß am Leben. Wobei das auch arg nachgelassen hat. Vor einem Jahr hätte ich die Woche vorher noch gefeiert, und jetzt muss ich zurückblicken, letzte Woche war mein Geburtstag, den habe ich gefeiert, aber sonst, ist auch schon wieder lang her, zwei Monate eigentlich nicht weg gewesen, wo man sich sagt ich geh jetzt auf eine Party auf der ich nicht unbedingt spiele. Wir gehen fast nur noch auf die Partys, wo wir auch spielen, sonst sind wir eigentlich meistens hier oder halt arbeiten

dpr: Das ist der Lauf der Dinge. Ein Ziel kann ja auch Freude machen, aber man kann nur dann etwas erreichen, wenn man es auch mit Herzblut tut. Du musst von der Sache begeistert sein, sonst gibt es auf Dauer nichts, auch wirtschaftlich nicht. Dann kommen nämlich diese Diskussionen, warum sind wir nicht erfolgreich, wer bezahlt was, jetzt haben wir eine Miete am Hals, wir können sie nicht tragen usw. Ihr seid aber nun über ein Jahr unterwegs. Sind die die Zahlen jetzt so, dass ihr kein Geld dazutun müsst?

Patric: Halten können wir uns so gerade. Es ist halt nicht so, dass wir alle bezahlen können. Wir machen das hier größtenteils nach wie vor noch ehrenamtlich. Wir wollen das Ding nach Vorne bringen, damit wir in fünf Jahren vielleicht etwas davon haben oder das es ein gutes Projekt war. Ich werde meinen Enkeln auf jeden Fall davon erzählen, dass ich mal einen Plattenladen aufgemacht habe und ihnen erklären, was eine Schallplatte überhaupt ist. Das nimmt man sowieso schon mal mit fürs Leben und wenn wir es dann noch schaffen sollten, auch wenn der Laden wegfallen würde und wir sagen, wir produzieren nur noch selber Schallplatten oder sonst was, ist das ja ein Ding, welches hieraus entstanden ist. Wenn sich das in fünf Jahren tragen würde und wir davon leben könnten, wäre das auf jeden Fall ein Traum, aber kein Muss. Wir stellen uns auch nicht hin und sagen, wir müssen jetzt davon bezahlt werden, sondern wir gucken, dass wir das Ding ans Laufen kriegen.

dpr: Das ist eine gute Einstellung und ich bin davon überzeugt, ihr schafft das auch. Viele hören aber vor der Zielgeraden auf. Das eine ist das finanzielle, aber noch viel schlimmer als das, ist ein Motivationseinbruch oder, dass man sich untereinander nicht mehr verträgt.

Patric: So einen kurzen Motivationseinbruch gab es bei jedem, aber nicht zum gleichen Zeitpunkt. Wenn das bei ihm war, hab ich was gemacht, wenn das bei mir war hat er was gemacht. Und umgekehrt genauso. Aber wir haben zwischendrin nicht gedacht, die Freundschaft steht auf der Kippe. Ich bin beeindruckt, nach dem halben Jahr jeden Tag Aufbau, Machen und Tun und am liebsten noch Sonntag hierhin kommen und streichen und eigentlich gar keine Freizeit mehr haben neben dem Laden, weil du kommst hier morgens um neun Uhr hin, du gehst abends um acht Uhr hier raus, hast noch ein Bier getrunken und bist einfach froh wenn du nach Hause kommst, wo die Freundin wartet oder so. Aber die Freundschaft stand zum Glück nie auf der Kippe. Das ist bei ganz vielen Projekten so, wo man hört, da haben fünf Freunde was gemacht, und am Ende waren es irgendwie nur noch zwei. Ich bin echt froh, dass das bei uns so nicht gelaufen ist.

dpr: Das ist aber genau das Ding. Man spürt, dass ihr unisono rüberkommt, auch die Begeisterung und die Motivation etwas erreichen zu wollen. Unserer Ansicht nach hat ja die Schallplatte eine große Renaissance vor ich. Letztes Jahr wurden z.B. mit Schallplatten in den USA mehr Umsatz erzielt als mit anderen Speichermedien. Die Leute merken wieder, dass die Platte eine gewisse Werthaltigkeit verkörpert. In Portalen, wo ich Millionen Songs runterladen kann, hat es eher so etwas von einer Wegwerfmentalität - ich kann was runterladen, ich kann was löschen, und es ist immer verfügbar.

Lukas: Und es bedeutet einem auch überhaupt nichts. Also zu einer guten Platte hat man einen Bezug. Die möchte man nie wieder hergeben.

dpr: Das hat Haptik, Optik. Die gibt man, wie ein gutes Buch, nicht mehr her.

Christian: Ich weiß, wann ich die wem wo vorgespielt habe. Wann ich die gekauft habe; Im Urlaub, Trip oder was auch immer.

dpr: Wer stellt die Platten heute her?

Christian: Ja, und am besten auch noch preiswert. Es gibt nicht mehr so viele. Das Hauptproblem ist momentan eher die Galvanik. Es gibt nur noch ein paar Leute die die Substanz herstellen. Ein selbstständiger Japaner, der auch schon 70 ist,  und noch einen in Europa und einen in Amerika. Die sind gnadenlos überlaufen mit Aufträgen, weil auch die großen Labels wieder anfangen auf Platte zu pressen; denn die merken, dass damit wieder Geld zu machen ist. Wir gehören zu den kleinen Labels, die das aus Überzeugung tun und nicht aus dem wirtschaftlichen Aspekt heraus. Da muss man hinten anstehen. Das ist der negative Effekt, der gerade dabei rumkommt für die kleinen Labels und die Independent-Musiker, die das Medium schon immer unterstützt haben, auch zu schlechten Zeiten. Aber ja, so ist es halt leider.

dpr: Auf der einen Seite handelt ihr, auf der anderen Seite betreibt ihr ein eigenes Label. Das heißt ihr habt Musiker unter Vertrag und vertreibt das dann hier oder über welche Kanäle auch immer? Wie viele Künstler habt ihr so am Start, wie viel Produktionen habt ihr hinter euch?

Christian: Erst eine Schallplatte bis jetzt. Es läuft auf einem ganz kleinen Level. Der erste Release war von einem virtuellen Freund aus Finnland, den wir im Internet kennengelernt haben. Natürlich haben wir im Freundeskreis und erweiterten Bekanntenkreis genug Leute, die sich mit der Materie befassen, die Musik machen und die gerne Lust hätten was auf Vinyl rauszubringen. Bei  uns ist das eher eine entspannte Ansichtssache, weil wir uns alle keinen Stress machen. Wenn wir merken okay jetzt ist es soweit, wir fühlen uns gut mit der Sache, dann nehmen wir es in Angriff und sagen okay wir geben dem Ganzen einen Versuch, aber wir setzen uns jetzt nicht hin und sagen in zwei Stunden müssen vier Tracks fertig sein und die müssen dann nächste Woche zum Mastering raus. Wir machen das Step by Step und lassen es sich allein entwickeln.

Patric: Manche Leute können das, wir können das nicht. Ich bin immer unzufrieden damit und dann könnte ich nie was weggeben wenn ich damit unzufrieden bin. Ich hab viel zu viel Angst davor, dass jemand sagt: Hast Du toll haste gemacht, aber ist noch gar nicht gut, und dann sage ich mir selber, das weiß ich doch  eigentlich, dass es nicht gut genug war, davor habe ich große Angst,

dpr: Wir haben beim dpr in der ganzen Zeit vier CD’s gemacht, aber wovon würdet ihr denn reden, Wir gehen davon aus, dass ihr ein Studio habt,  welches ihr nutzt und euch zurückziehen könnt

Patric: Jeder hat so ein bisschen ein Heimstudio und jetzt haben wir einen Platz bei ihm in der Wohnung, das ist kein professionelles Studio, außer dem Equipment, aber wir haben da keinen Raum, wo wir so laut Musik machen können wie wir wollen, Aber wenn wir alle unseren Stuff da stehen haben, ist das schon ganz gut ausgestattet.

Lukas: Früher ist das eher getrennt gelaufen, und jeder hat bisschen für sich herumprobiert und dann rumgejamed, etwas aufgenommen, nicht zufrieden gewesen und dann auf sich beruhen lassen. Es gab ja noch andere Sachen mit denen man sich beschäftigt hat, und wenn man dann bis 12 Uhr vor dem Laptop sitzt und nach neuen Platten guckt, denn grad im elektronischen Bereich kommt so viel, dass man schwer den Überblick behält. Man muss ja dann doch filtern was wollen wir und können wir überhaupt alles holen, von dem was wir gerne holen möchten, das sind halt so Sachen und es hört nicht auf, wenn wir aus dem Laden gehen, sondern es geht zu Hause weiter. Und dann hat sich das mit dem Musik machen auch schon oft wieder erledigt, denn dann ist die Motivation nicht so groß sich noch selber dranzusetzen und nochmal drei Stunden hinten dranzuhängen. Dann ist man einfach irgendwann müde. Hier läuft den ganzen Tag schon im Hintergrund Musik, du musst du dir noch die Maillogs anhören und die Neuware der nächsten Zeit visualisieren.

dpr: Dann braucht man eine Musikfreie Zone, sonst macht e keinen Spaß mehr.

Patric:  Ich war auch ein absoluter Fernsehfeind und bin immer noch ein öffentlicher Fernsehfeind, wir haben alle keinen Fernseher zu Hause, nur Boxen und einen Monitor. Bei uns läuft eigentlich durchgängig irgendeine Platte und wir sitzen zusammen und reden. Doch jetzt seit einer Weile bin ich doch mal froh, wenn meine Freundin die Nachrichten am Laptop guckt und ich komm nach Hause und es ist kein Rhythmus drin und du kannst einfach jemanden sprechen, mit dem du nicht das ganze letzte Jahr gearbeitet hast.

dpr: Wo liegt der technische Unterschied zwischen Platten und CD’s? Wieso soll man eine Platte der CD geschmacklich vorziehen? Warum kommen die Platten wieder?

Lukas: Über den Klang kann man streiten. Ich kann auch nicht von mir behaupten, dass ich eine Platte die gerade nicht knackst, weil da kein Staubkorn drauf liegt, von einer guten Datei unterscheiden kann. Aber die Haptik, die Größe ist natürlich so ein Ding, die Plattencover. Alle Wände in meinem Zimmer sind voll von Plattencovern. Das hat viel mit Ästhetik zu tun. Die Optik und Haptik, so etwas überhaupt zu besitzen. Eine CD ist eine Plastikhülle, besteht auch nur aus Plastik, wie die Vinylscheibe, aber wenn man die mal dahin wirft, ist die Hülle gebrochen.

dpr: Sie wird auch assoziiert mit einem Medium, das ich löschen kann, kopieren kann.

Lukas: Eine Platte lässt sich nicht kopieren. Dieses Gefühl, dass ich diese Platte gerade habe, und jemand anderes hat es verpasst, das ist auch  immer noch so ein Ding worum es geht. Die Platte zu erhaschen, die dann später so begehrt ist und im Wert steigt. Bei uns ist das nicht ganz so die Philosophie. Wir haben halt auch versucht rare Platten anstatt in Discos anstatt für 60, 70 Euro zu verkaufen, eher im Online-Shop oder hier für 15 € anzubieten, um zu sagen, dann kommt lieber hier hin und ihr kriegt das für einen fairen Preis, weil wir das einfach noch da haben. Aber mittlerweile wird echt heftig gehandelt.

dpr: Wie teuer ist ein Plattenspieler?

Patric: Unter 100 Euro, die sind dann natürlich nicht so gut. Aber von 100 bis 10.000 Euro. Um die 200 Euro für einen anständigen Plattenspieler.

Lukas: Es gibt auch viele die sagen, man hört bei der Platte doch die Obertöne und noch ein breiteres Frequenzspektrum, obwohl die meisten Plattenspieler Tonabnehmer haben, die gehen nur bis 17.000 Hertz, und bis 20.000 hören wir. Da kann mir auch keiner erzählen, der hört nochmal was über dem, was hörbar ist.

dpr: Bei einer Hörprobe mit einer extrem hochwertigen Hifi-Anlage haben wir den subjektiven Vergleich gemacht, Platte und CD. Es gab etwas spürbar Unterschiedliches, sicher nicht zu sagen, einfach doppelt so gut, jedoch beim Klangvolumen war ein differentes Hörerlebnis wahrnehmbar. Hier hat uns die Schallplatte überzeugt. Ganz zu schweigen von dem was man sich irgendwo runterladen kann. MP3 oder MP4 Format, das ist unseres Erachtens überhaupt nicht vergleichbar. Und deswegen hat es natürlich schon eher etwas mit einem künstlerischen Gegenstand zu tun, den man wertzuschätzen weiß. Das ist das Spannende und dürfte nicht nur ein Hype sein, sondern es könnte sich als etwas Nachhaltiges entwickeln.

Patric: Das hat es auch durchaus immer ein bisschen gegeben, das war ja nie komplett weg.

Christian: Und vor allen Dingen muss man auch in Betracht ziehen, das Vinyl als Medium den nächsten Schritt der Entwicklung, nämlich den der CD überlebt hat und jetzt auch wieder in den Schatten gestellt hat. Wenn man das beispielsweise bei Handys betrachtet – es wird niemals wieder das Klapphandy „das Handy“ sein, weil man einfach mit dem Smartphone alles machen kann.

dpr: Manche Dinge sind nicht mehr umkehrbar aber manche Dinge kommen wieder. Das passiert in Wellenbewegungen. Aber was die Leute auch nicht bedenken, vor allem bei den CDs oder DVDs, dass diese sich irgendwann löschen. Eine Platte ist im Prinzip unverwüstlich, die hält ewig. Und wenn man alte CDs hat, wird die Qualität auch schlechter. Von daher auch als Sammler, ist das was für die Ewigkeit. Die Schallplattenabteilungen in den großen Elektronikmärkten sind mittlerweile wieder größer geworden. Wenn wir zu euch reinkommen mit einem speziellen Musikgeschmack, beispielsweise Jazz und möchten eine Platte erwerben, die woanders nicht zu kriegen ist, würdet ihr das besorgen? Kommuniziert ihr nach außen, dass ihr zwar spezialisiert seid, aber wie in einem Buchhandel auch bestellt was verfügbar ist?

Patric: Das ist nicht so einfach wie mit dem Buch vergleichsweise. Da ein Buch schneller lieferbar ist als eine Platte, die man nicht in Deutschland finden würde. Aber wir bieten das jedem Kunden an, dass wir nachschauen, ob wir die Platte kriegen. Ansonsten wenn wir wissen welcher andere Plattenladen diese Platte vertreibt, dann schicken wir die Leute durchaus auch dahin. Mit den anderen Plattenläden sind wir durch unsere gemeinsame Vinylliebe natürlich auch bekannt. In der Vergangenheit, bevor es uns gab, sind wir auch in anderen Plattenläden einkaufen gewesen. Das hat natürlich nachgelassen, weil die Zeit nicht mehr da ist. Wenn wir eine Bestellung machen, kaufen wir Platten für uns privat auch mal mit. Das war auch der einzige Weg, den Jungs die hier arbeiten, die Platten günstiger zu überlassen sowie der einzige Weg hier jemanden für die ganze Hilfe und Unterstützung zu entlohnen.

dpr: Um jetzt nochmal zu der Eigenproduktion zu kommen. Wenn ihr einen Musiker habt, der sagt ich möchte jetzt Vinyl machen, über welches Geld sprecht ihr dann. Wenn ihr vorfinanziert, muss er sich beteiligen? Wie sind die Produktionskosten, sind die anders als bei CDs?

Lukas: Das auf jeden Fall! Wir sprechen mittlerweile auch nicht mehr über riesige Auflagen sondern über 250 und 500 Stück, die man dann macht und sich ausrechnen kann, wie wenig dabei rumkommt, selbst wenn man alle verkauft. Bei den Künstlern, mit denen wir zu tun haben, ist das dann eher guter Wille. Wenn wir die Platte fertig haben schicken wir denen 20 rüber und die können sich noch  für 150 Euro Platten einpacken. So wird das im Prinzip verhandelt.

Es gibt aber auch Geschichten von befreundeten Labels, die haben gemeinsam ein Lied fertig gemacht,  und wollten das ein bekannter Künstler ein neues Stück daraus komponiert und dann für einen Remix angefragt und es hieß dann für einen Track 15.000 Euro. Und wir haben uns gedacht, wir fragen erst mal alle Leute an, die da was machen. Jetzt arbeiten  wir mit einen Künstler zusammen, der in einem Monat 40 Tracks fertig macht und der hat einen Ordner weggeschickt, da sind 90 Lieder drin und das ist dann die Arbeit von zwei drei Monaten. Der muss seine Kunst auch irgendwo hinstecken. Wir haben es ihm dann angeboten, auch wenn wir nicht wissen, was dabei rauskommt. Im Endeffekt mussten wir dann von 20 Tracks vier aussuchen. Das war auch nicht das Schönste weil man hätte gerne 18 von 20 Tracks genommen. Das muss am Ende ein geschlossenes Konzept ergeben. Die folgenden Releases sollen vom Aussehe n und der Musik gleich sein. Jetzt haben wir schon eine Sache rausgebracht, das ist dann eher House  und was wir jetzt machen geht eher in die Elektro Richtung und das Projekt kriegt dann auch einen anderen Namen. Wir können das nicht verbinden – dafür ist es zu breit gefächert. So machen wir ein Sub-Label, sodass wir da dann etwas Neues starten. Über das normale Label können wir weiter House-Musik rausbringen. Momentan sind wir aber eher in der Elektro und Techno-Szene unterwegs wo wir dementsprechend auch eher die Kontakte kriegen zu guten Musikern, die auch Lust darauf haben. Bei manchen Größen, unseren Helden sozusagen, erwartet man von vornherein eine Absage und wir waren total überrascht was für eine positive Rückmeldung dann kam. Die fanden das beeindruckend, das wir sowas machen. Für uns war das immer erst mal ein Projekt und viele Leute rechnen uns das schon sehr hoch an. Wir haben da was geschaffen, dass viele Leute in Begeisterung und Staunen versetzt. Das war ein Prozess der sich mit der Zeit entwickelt hat. Das ging so Hand in Hand.

dpr: Wir wissen ja selbst wie aufwendig das ist, wir haben eine Singer/Songwriter Band produziert. Die Auflage lag bei 500. Und bis das alles rund war mit dem Einspielen und so weiter, das war schon anstrengend, aber natürlich eine spannende Aufgabe.

Lukas: Es liegt aber noch ein großer Unterschied dazwischen, ob man mit Künstlern zusammen arbeitet, die dann live Musik einspielen. Das ist eine Sache, mit der wir auch gar keine Erfahrung haben. Das ist im elektronischen Bereich auch eher unüblich. Wir kriegen von den Künstlern fertige Sachen zugeschickt, und wir lassen diese Mastern.  Da haben wir auch ein gutes Masteringstudio an der Hand, welches uns empfohlen wurde und welches wir bei einer geringen Auflage auch bezahlen können.

dpr: Geht der bearbeitete Rohling dann wieder in eure Hände und gebt ihr diesen dann an irgendein Presswerk?

Lukas: Wir haben jetzt auch zum Glück die Chance erhalten in ein Presswerk reinzukommen, dass eigentlich voll ist und in Zukunft niemand mehr aufnehmen wird. Die Wartezeit ist da relativ lang durch die großen Labels. Dort können wir uns aber auf die Qualität verlassen.

dpr: Welche Schritte seid ihr denn gegangen bisher um Werbung für euch zu machen?

Christian: Auf der Social Media Ebene, haben wir jemand sehr guten an der Hand,  der den kompletten Auftritt für uns gestaltet und wir waren zum Beispiel schon im Radio in einem Interview zu hören. Man muss schon gucken, dass man sich hier und da präsent macht. Die Leute kommen nicht von alleine. Deswegen haben wir das auch mit den Instosessions initiiert, die wir zweimal im Monat hatten. Das ist ein Abend, an dem ein Musiker hier spielt und dann wird gegrillt. Die Atmosphäre ist dann auch ganz locker und ungezwungen und die Leute sollen sich auch mal einen Eindruck machen können, ohne den Zwang eine Platte kaufen zu müssen. Der Gedanke dahinter war auch einen neuen sozialen Anlaufpunkt zu schaffen, abseits vom Nachtleben, wo es dann von der Lautstärke zu extrem ist.

dpr: Vielen Dank für das intensive Gespräch.

Das Gespräch führten im September 2016 Inga Khapava und Tilo Herde